Warum Langsamkeit in schwierigen Situationen hilft
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Warum Langsamkeit in schwierigen Situationen hilft

Meist neigen wir in belastenden, schwierigen Situationen des Lebens dazu, sofort irgendetwas machen zu wollen, damit das Ganze schnell ein Ende hat. Persönliche Rückschläge, gesundheitliche Probleme, berufliche oder andere Krisen bremsen uns ja auch erst mal aus. Doch gibt es gute Gründe dafür, die Schwierigkeiten zu akzeptieren und bewusst langsam vorzugehen.

Gedanken sammeln und Gefühle ordnen

In schwierigen Phasen scheint fast immer auch die Zeit zu drängen, eine Entscheidung zu treffen. Ich spreche von „scheint zu drängen“, denn man steht ja unter Stress. Die daran beteiligten Stresshormone erzeugen Anspannung und verengen das Blickfeld.

So kommt der Druck oftmals gar nicht von außen. Wir nehmen vielmehr und vor allem das Druckgefühl wahr, das durch die Stresshormone erzeugt wird. In besonders schwierigen Situationen fühlen wir uns daher auch emotional belastet, ratlos, häufig auch hilflos.

In dem Maße aber, in dem wir diesem inneren Druck widerstehen, entspannen können und bewusst langsam vorgehen, gewinnen wir Freiraum. So können wir uns mit der momentanen Lage besser auseinandersetzen, unsere Gedanken sammeln und die Gefühle ordnen. Dadurch wird das Denken klarer und es werden mehr Aspekte sichtbar als vorher.

Bei langsamen Vorgehen kann man auch sich selbst besser wahrnehmen und herauszufinden, was man wirklich braucht. Zudem ist man dann auch offener, eigene Anteile zu entdecken, die die Situation möglicherweise schwerer machen. So eröffnet sich einem die Chance, durch Anpassung des eigenen Verhaltens zusätzlich etwas zu verändern.

Durch kleine Schritte schneller ans Ziel

Das alte japanische Sprichwort: „Wenn du es eilig hast, mache einen Umweg“ klingt zunächst widersinnig.

Doch wenn wir unter Stress sind – und das sind wir in schwierigen Situationen – haben wir ja die Tendenz, uns zu beeilen und impulsiv zu handeln. Wir wollen da auf direktem Weg so schnell wie möglich raus. So besteht die Gefahr, dass wir überstürzt handeln.

Wenn wir uns dagegen Zeit nehmen, behutsam vorzugehen, lassen sich die Konsequenzen unserer Handlungen besser abwägen. Wir können sorgfältiger planen und vermindern die Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen, die uns noch weiter zurückwerfen könnten.

Das Sprichwort erinnert uns auch daran, dass es in schwierigen Zeiten wichtig ist, geduldig zu sein und uns nicht von Hektik oder Angst überwältigen zu lassen. Durch das bewusst langsamere Tempo und die Aufmerksamkeit für die Details können wir klügere Entscheidungen treffen, bessere Strategien entwickeln und gelangen wahrscheinlich sogar schneller zum gewünschten Ziel.

Viele meinen jedoch von sich, keine Geduld zu haben. Geduld wird einem jedoch nur dann abverlangt, wenn man gedanklich in die Zukunft eilt. Schafft man es dagegen, präsent zu sein, also die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt zu richten, dann nimmt der Stress ab und die Anspannung geht zurück.

In schwierigen Situationen die eigenen Ressourcen schonen

Umgang mit schwierigen Situationen erfordert auch eine gewisse Menge an Ressourcen wie Zeit, Energie, aber auch finanzielle Mittel oder Unterstützung durch Andere. Durch langsames Voranschreiten können wir all das und unsere Kraftreserven besser einteilen.

So laufen wir nicht Gefahr, uns zu überfordern, frühzeitig zu erschöpfen oder gar zu verzweifeln. Wir können uns auf den ersten Schritt konzentrieren und sicherstellen, dass wir genug Kraft haben, um auch die nächsten Schritte zu gehen.

Auch können wir uns dann besser um unser körperliches und emotionales Wohlbefinden kümmern, und neue, gesunde Gewohnheiten entwickeln. Indem wir uns achtsam und liebevoll behandeln, können wir schließlich auch unsere innere Stärke wiederfinden.

Stabilität und Nachhaltigkeit schaffen

Durch kleine Schritte und langsames Vorgehen schafft man auch leichter eine stabile Grundlage für spätere Fortschritte. Anders als durch Aktionismus, der besonders im Berufsleben oft mit Tatkraft und Entscheidungsfreudigkeit verwechselt wird, sind die Ergebnisse auch eher von Bestand.

Zum anderen verschaffen uns langsame und bedachte Schritte nebenbei auch die nötige innere Stabilität. Auf der können wir später aufbauen und neue Herausforderungen besser bewältigen.

Aus schwierigen Situationen lernen und stärker werden

Nicht zuletzt bieten uns all die unausweichlichen Schwierigkeiten und Krisen die Möglichkeit, uns durch sie weiterzuentwickeln. Indem wir bewusst langsam voranschreiten, können wir unsere so gewonnenen Ergebnisse beobachten und als wichtiges Feedback betrachten.

Es bringt uns weiter, wenn wir aus diesem Feedback lernen und nicht an einschränkenden Denkweisen und Verhaltensmustern festhalten. Wir können dann offener und leichter auch neue Wege und Ansätze ausprobieren. Durch langsames Vorgehen in schwierigen Situationen lernen wir leichter aus der Krise und werden letztendlich innerlich stärker und in unseren Handlungen wirksamer.

 

Dipl.-Psych. Anna-Maria Steyer, Beraterin, Trainerin und Supervisorin inspiriert ihre Klienten und Kunden, innere Leichtigkeit wiederzuentdecken und kraftvolle Lösungen in schwierigen Situationen zu finden