Wir alle fühlen uns manchmal unausgeglichen, antriebslos und abgespannt oder auch von Nervosität getrieben. Im Alltag erledigen wir ja ständig irgendwas, meist auch noch unter Zeitdruck. Dabei vergessen wir oft, uns liebevoll um uns selbst zu kümmern. Wenn wir aber wieder in Kontakt mit unseren persönlichen Kraftquellen kommen und sie bewusst nutzen, erleben wir auf einmal Schwung und Energie.
Erfüllter oder nur ausgefüllter Alltag?
Besonders Berufstätige mit Familie haben häufig Stress und sind unter Zeitdruck. Laut einer Forsa-Umfrage von 2015 unter 1.000 Eltern mit Kindern unter 12 Jahren sind das fast zwei Drittel der Befragten.
Trotz eines von Aktivitäten ausgefüllten Alltags erleben viele Menschen keine Erfüllung. Eine Vielzahl von Tätigkeiten kann sogar über das Gefühl hinwegtäuschen, dass etwas Wesentliches fehlt. Manchmal spürt man das, kann es aber nicht richtig benennen.
Die Seele braucht einfach mehr „Nahrung“ als die üblichen, zweckgebundenen Handlungen. Dieser Aspekt rutscht in der Prioritätenliste des Alltags oftmals weit nach hinten.
Schritt 1: Kraftquellen auflisten
Viele Momente bzw. Tätigkeiten, aus denen wir im Alltag einfach nur Freude schöpfen, sehen oftmals gar nicht so bedeutsam aus und sind leicht zu übersehen. Viele andere haben wir fast vergessen.
Es ist daher sehr hilfreich, sich seine Kraftquellen wieder bewusst zu machen und sie mal aufzuschreiben. Sie brauchen circa 20 Minuten ungestörte Zeit und vielleicht, je nach Laune, auch entspannende Musik. Schreiben Sie dann alles auf, was Ihnen so richtig guttut und Kraft spendet. Ich meine wirklich ALLES. Das können Begegnungen mit anderen Menschen sein oder etwas, das Sie alleine machen. Das kann etwas Umfangreiches sein (z.B. für Gäste kochen) oder etwas ganz Kurzes (z.B. ein neues Buch aufschlagen und darin schnuppern).
Kraftquelle kann ein genussvolles Sinneserlebnis sein (z.B. einen Sonnenuntergang betrachten), oder auch ein bewusstes Abweichen von Gewohnheiten (z.B. hin und wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren statt mit dem Bus). Für jeden Menschen ist es anders. Jeder schöpft auf seine Weise innere Kraft, manchmal aus den einfachsten Dingen.
Listen Sie Ihre Kraftquellen so detailliert wie möglich auf. Wenn Sie z.B. beim Wandern richtig aufleben, dann notieren Sie nicht nur „Wandern“. Bennen Sie jeden Aspekt, der Sie dabei belebt. Das könnte zum Beispiel sein:
– Schon früh loslaufen und die Morgenfrische riechen
– die Geräusche des Waldes hören
– mit den Füßen unebenen Boden spüren
– der Blick in die Ferne
Und wenn es „Lesen“ ist, dann fragen Sie sich, was alles zu einem großen Lesevergnügen bei Ihnen dazugehört. Was auch immer es ist, was in Ihnen ein Prickeln, Wachwerden oder Lebendigkeit herbeiführt, schreiben Sie es auf Ihre Liste der Kraftquellen.
Schritt 2: Kraftquellen im Blick behalten
Sie werden sich vermutlich allein schon beim Aufschreiben all dieser Kraftquellen besser fühlen. Lassen Sie es dabei aber nicht bewenden. Gewohnheiten ändern sich nicht von selbst (siehe dazu auch meinen Beitrag Die Macht alter Gewohnheiten – 6 gute Nachrichten).
Platzieren Sie Ihre Liste daher an einer Stelle, die Sie immer im Blick haben. So vergessen Sie Ihre Kraftquellen nicht mehr und können Ihrer Seele genauso Priorität geben wie der Erledigung von irgendwelchen Angelegenheiten.
Das ist nämlich der springende Punkt. Wir denken meist: „Erst wenn ich alles abgearbeitet habe, darf ich mich mit etwas beschäftigen, das mir einfach nur Freude macht.“ Dieses weit verbreitete, hinderliche Denkmuster führt dazu, dass man oft nur mit halber Kraft lebt.
Schritt 3: Kraftquellen als Genussmomente im Alltag nutzen
Kreuzen Sie auf Ihrer Liste zwei, drei kleinere Kraftquellen an, die Sie sofort täglich nutzen können. Markieren Sie dann noch eine größere Kraftquelle, der Sie sich in den nächsten 6 Wochen gezielt immer mal widmen werden.
Alte Denkgewohnheiten, z.B.: „Ich habe aber keine Zeit“ werden versuchen, sie wieder davon abzubringen. Lassen sie das nicht zu. Es geht ja hier nicht um lästige Pflichten, sondern um Sie! Im Beitrag Lösen aus dem Sog einer Gewohnheit beschreibe ich, wie man alte, hinderliche Gewohnheiten leichter loswird und stattdessen etwas Gutes als neue, gesunde Gewohnheit erschaffen kann.
Wenn Sie also – wie im oberen Beispiel – gerne wandern, aber zu einer großen Tour im Moment wirklich das Zeitfenster fehlt, dann widmen Sie sich eben erst einmal einem der kraftspendenden Details! Beispielsweise könnten Sie morgens nur für ein paar Minuten in den Garten gehen und diesen Augenblick bewusst in sich aufnehmen, bevor Sie mit der üblichen Routine beginnen. Oder Sie beginnen damit, auf Ihrem Weg zur Arbeit oder bei Besorgungen in der Stadt den Blick zu heben und in die Ferne zu blicken.
Das heißt: Bleiben Sie an Ihren Kraftquellen dran! Auch wenn es nur ein erster, kleiner Schritt ist, es wird einen Unterschied machen. Jeden Tag – wenn auch nur kurz – aus einer Ihrer Kraftquellen zu schöpfen, ist nur ein kleiner Aufwand. Er hat aber mit Sicherheit einen großen Effekt auf die Seele.
Dipl.-Psych. Anna-Maria Steyer, Beraterin, Trainerin und Supervisorin inspiriert ihre Klienten und Kunden, innere Leichtigkeit wiederzuentdecken und kraftvolle Lösungen in schwierigen Situationen zu finden