Selbstfürsorge und die Kraft von Rhythmus und Routine
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Selbstfürsorge und die Kraft von Rhythmus und Routine

Der Begriff Routine steht für Erfahrung und Standardisierung, oft auch für Eintönigkeit und wenig Einfallsreichtum. Doch wenn man eine kraftspendende oder inspirierende Aktivität regelmäßig macht, kommt man in einen wohltuenden Rhythmus und in eine Routine der Selbstfürsorge. Man gewinnt daraus Stärke und kann leichter innere Ruhe und Ausgeglichenheit finden, selbst wenn sich äußere Ereignisse überschlagen.

Gesunde Routinen pflegen

Der Beginn eines Jahres ist eine Zeit, in der sich viele Menschen vornehmen, ihren Alltag anders zu gestalten, um z.B. gesünder zu leben, entspanntere Beziehungen zu führen und zufriedener zu werden. Aber auch manche Lebensereignisse werfen die Frage auf, was man künftig anders machen müsste, damit es einem besser geht.

Jeder stößt dabei unweigerlich auf hinderliche Gewohnheiten und störende Denkmuster. In verschiedenen Beiträgen habe ich daher u.a. über die Mechanismen von Gewohnheiten geschrieben, wie man sie erfolgreich ändern kann, wie man Belastendes ausmisten oder gute Vorsätze in die Tat umsetzen kann.

Es ist aber nicht nur wichtig, schlechte Gewohnheiten zu überwinden, sondern sich auch seiner guten bewusst zu werden. Diese zu pflegen und auch neue, stärkende Routinen einzuführen, dient der Selbstfürsorge und ist daher wesentlich für das innere Gleichgewicht.

Ob das beispielsweise der tägliche Spaziergang mit dem Hund ist, das Training im Fitnesscenter an einem bestimmten Wochentag oder immer dieselbe Uhrzeit, zu der man zu Bett geht. Neben dem Wohltuenden dieser Tätigkeiten an sich, ist es vor allem auch deren Regelmäßigkeit, die eine entspannende und stabilisierende Wirkung hat.

Routinen halten uns in Balance und geben Sicherheit. Sie strukturieren den Tag und die Woche und bringen dadurch Ordnung und Ruhe in den Alltag. Man muss nicht immer neue Entscheidungen treffen, die ja jedes Mal Energie kosten.

Die heilsame Wirkung von Rhythmus und Routine

Ein Onkel meines Mannes pflegte im Alter seine Routine der vier Mahlzeiten am Tag: Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Abendbrot. Wir schmunzelten damals über ihn und darüber, dass es ihm so wichtig war, Mahlzeiten immer pünktlich einzunehmen. Er blieb jedenfalls bis ins hohe Alter bei guter Gesundheit. Der Rhythmus, in dem er lebte, war vermutlich einer der Gründe dafür.

Früher wurde auch allgemein mehr Wert auf Regelmäßigkeit gelegt. Heute dagegen stehen Spontaneität und Flexibilität deutlich höher im Kurs. Dabei haben Rhythmus und Routine einen spürbar positiven Effekt auf unsere Gesundheit und auf unser inneres Gleichgewicht.

In der Natur folgt schließlich alles Geschehen bestimmten Rhythmen. Unser Körper hat auch seinen Biorhythmus und ist in aller Regel in Balance, wenn dieser nicht gestört wird.

Wie wichtig Rhythmen für unser körperliches und seelisches Wohlbefinden sind, zeigt sich auch daran, dass wir nach den Zeitumstellungen zur Sommer- und Winterzeit immer etwas durcheinander kommen. Manche Menschen haben danach sogar mehrere Tage lang Schlafprobleme.

Auch die Ergebnisse einer Studie zu Schlafqualität unterstreichen deutlich die Bedeutung von Regelmäßigkeit. „Wer alltägliche Aufgaben stets in gleichbleibendem Rhythmus erledigt, kann nachts besser schlafen“, schreibt die Deutsche ApothekerZeitung dazu.

Eine neue Selbstfürsorge-Routine einführen

Wahrscheinlich haben Sie schon Routinen in Ihrem Alltag, die Sie nicht mehr missen möchten. Vielleicht fällt Ihnen aber auch auf, dass Ihnen die eine oder andere zusätzlich sehr gut tun würde.

Manchmal geht es auch nur darum, bereits vergessene Praktiken wieder aufzunehmen. Eine Seminarteilnehmerin beispielsweise erzählte mir, dass das gemeinsame Abendessen in der Familie irgendwann „untergegangen“ sei und ihr dadurch etwas Wichtiges fehle. Um zufriedener zu werden, wollte sie es wieder einführen. Zunächst war etwas Planung und Umorganisation notwendig. Aber seit die Familie wieder regelmäßig an drei Abenden in der Woche zum Essen zusammensitzt (mehr war nicht realisierbar), sei bei allen mehr Ausgeglichenheit spürbar, berichtete sie hinterher.

Spätestens dann jedenfalls, wenn Sie sich unzufrieden, unausgeglichen oder gar ausgelaugt fühlen, brauchen Sie mehr Selbstfürsorge. Die Kunst besteht darin, eine kleine, aber regelmäßige Aktivität zu pflegen, die Ihr inneres Gleichgewicht wiederherstellt und aufrechterhält.

Schritt 1: Persönliche Wohlfühl-Liste

Schreiben Sie zunächst auf, was Ihnen guttut. Was brauchen Sie, um sich wohlzufühlen und voller Energie zu sein? Das können auch kleine Dinge oder Aktivitäten sein. In meinem Beitrag Kraftquellen finden gibt es eine detaillierte Beschreibung und Beispiele zu diesem Schritt.

Schritt 2: Eine wohltuende Aktivität

Fragen Sie sich dann: „Was könnte ich ab jetzt regelmäßig tun, um mich zufriedener und ausgeglichener zu fühlen?“ Schauen Sie auf Ihre Liste und warten Sie auf Ihre intuitive Antwort. Sie brauchen nichts zu analysieren oder zu begründen.

Schritt 3: Verwirklichung im Alltag

Überlegen Sie anschließend, was Sie dafür in Ihrem Alltag eventuell anders gestalten müssten. Vielleicht müssen Sie Familienmitglieder informieren beziehungsweise einbinden oder sich einen Eintrag im Kalender machen?

Versetzen Sie sich schließlich in Ihr künftiges Befinden hinein: Wie wird es sich anfühlen, wenn Sie das, was Ihnen guttut, regelmäßig machen? Starten Sie sodann Ihr Vorhaben mit dieser Vorfreude.

Den Selbstfürsorge-Rhythmus im Auge behalten

Nach einer Woche führen Sie dann Ihr erstes Resümee durch: Wie geht’s mir jetzt? Wieviel entspannter und zufriedener bin ich?

Die drei folgenden Wochen machen Sie es genauso. Gegebenenfalls nehmen Sie Korrekturen vor. Werden Sie sich bei auftauchenden Hindernissen immer bewusst, dass es nicht um eine Pflicht geht, die Ihnen auferlegt wurde. Es geht darum, dass Sie in liebevoller Weise regelmäßig für sich und Ihre Zufriedenheit sorgen. Dann finden Sie leichter eine Lösung.

Nach etwa drei bis vier Wochen wird sich die neue Aktivität schon vertraut anfühlen. So wird durch einen regelmäßigen Rhythmus Ihre Selbstfürsorge zu einer stärkenden Routine. Sie müssen dann nicht mehr darüber nachdenken, wie Sie Ihr seelisches Gleichgewicht wiedererlangen können. Es stellt sich immer wieder von selbst ein.

 

Dipl.-Psych. Anna-Maria Steyer, Beraterin, Trainerin und Supervisorin inspiriert ihre Klienten und Kunden, innere Leichtigkeit wiederzuentdecken und kraftvolle Lösungen in schwierigen Situationen zu finden