Wer hat nicht schon mal versucht, sich abzulenken, wenn es einem emotional nicht so gut ging. Belastende Gefühle lassen sich damit zunächst gut abfedern. Die Effekte gehen jedoch nicht in die Tiefe und sind nicht von Dauer. Die Atemtechnik, die ich im Beitrag vorstelle, lässt dagegen ein Gefühl von Leichtigkeit entstehen und verändert das emotionale Befinden von innen her.
Gefühle beeinflussen den Körper
Emotionen sind nicht einfach „nur ein Gefühl“. Sie sind komplexe physiologische Reaktionen, die von uns empfunden werden.
Wenn wir einen emotionalen Wechsel erleben, zum Beispiel von Ärger zu Gelassenheit, von Angst zu innerer Ruhe oder in die umgekehrte Richtung, von Freude zu Frustration, gehen damit mehr als 1.000 biochemische Reaktionen im Körper einher. Diese können den Körper noch Stunden nach der empfundenen Emotion beeinflussen.
Es gibt dabei Gefühle, die die Freisetzung von Stresshormonen auslösen. Ärger und Wut gehören zum Beispiel dazu oder Frustration, Neid, Enttäuschung. Diese Gefühle erschöpfen uns und entziehen uns Kraft und Lebensfreude, wenn wir sie zu lange zulassen.
Stärkende Gefühle regenerieren uns
Gefühle wie Liebe, Dankbarkeit, Mitgefühl, Wohlwollen oder Wertschätzung gehen dagegen mit der Freisetzung von „Glückshormonen“ (Endorphinen) und DHEA einher. DHEA ist ein Hormon, das oftmals als Jungbrunnenhormon bezeichnet wird, weil es seinerseits die Produktion des regenerierenden Wachstumshormons anregt und positive Auswirkungen auf das Immunsystem hat.
So fühlen wir uns unter dem Einfluss dieser aufbauenden Gefühle nicht nur subjektiv besser, voll innerer Kraft und Leichtigkeit. Wir werden auch resilienter. Der Körper kann sich leichter erholen und vor Krankheitserregern schützen, sowie schneller geschädigte Zellen reparieren.
Atemübung für mehr Leichtigkeit und Freude
Vielleicht möchten Sie die folgende Atemübung bei Gelegenheit mal ausprobieren? Sie hat wie die Mitgefühlsmeditation, die Dankbarkeitsübung, die Selbstachtungsübung oder das innere Lächeln eine emotional stärkende und den Körper regenerierende Wirkung.
1. Aufmerksamkeit auf den Bereich des Herzens richten
Nehmen Sie eine entspannte Sitzhaltung ein und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit zunächst auf den Bereich des Herzens, also auf die Mitte der Brust. Stellen Sie sich dann vor, dass Ihr Atem direkt in den Brustbereich ein- und dort auch wieder herausströmt. Atmen Sie nun eine Weile auf diese Weise weiter.
Hilfreich: Etwas langsamer und tiefer atmen als üblicherweise.
2. Veränderungen im Brustbereich wahrnehmen
Wahrscheinlich bemerken Sie nach einer Weile, dass sich im Brustbereich Ihr Körpergefühl ändert. Das kann manchmal kaum wahrnehmbar sein. Ein anderes Mal spüren Sie vielleicht deutlich, wie sich dort Wärme ausbreitet oder eine Empfindung von Leichtigkeit und Weite entsteht. Solche Empfindungen zeigen an, dass sich im Körper bereits etwas zu verändern beginnt.
Hilfreich: Eine oder beide Hände auf die Brust legen.
3. Ein positives Gefühl in sich wecken
Während Sie weiter mit Fokus auf das Herz atmen, lassen Sie nun ein Gefühl der Liebe, der Dankbarkeit, der Wertschätzung oder des Mitgefühls in sich entstehen. Sobald Sie es zu spüren beginnen, lassen Sie es sich in Ihrem Brustkorb ausbreiten und genießen Sie es so lange, wie Sie möchten.
Hilfreich: Entweder an jemanden denken, für den man so empfindet oder sich an eine Situation erinnern, die einen tief berührt hat, ein intensives Naturerlebnis zum Beispiel. Falls eins der stärkenden Gefühle nicht so gut gelingt, einfach ein anderes nehmen.
Mit mehr Leichtigkeit ein gutes Gefühl
Die Biobotenstoffe, die ausgeschüttet werden, während man die wohltuenden Emotionen erlebt, beleben nicht nur. Sie machen auch den Kopf frei. So bekommen wir in diesem veränderten Zustand auch noch besseren Zugang zu unserer Intuition. Dadurch können wir bessere Entscheidungen treffen als unter dem Einfluss von erschöpfenden Emotionen.
Damit eignet sich diese Atemübung auch gut, um sich vor schwierigen Gesprächen vorzubereiten. Mit ein bisschen Übung kann man sie auch während solcher Gespräche praktizieren. Sie hilft, schneller zum gegenseitigen Verständnis und zu einer gütlichen Einigung zu kommen.
Darüber hinaus lässt sie sich überall dort durchführen, wo man Leer- oder Wartezeiten hat. Das kann zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit sein, in einer Warteschlange oder im Wartezimmer beim Arzt.
So lernt man, sich immer wieder von innen her zu regenerieren, sich gut zu fühlen und unabhängiger von äußeren Begebenheiten und Ablenkungen zu werden. Man fühlt ja bereits Leichtigkeit und Freude.
Dipl.-Psych. Anna-Maria Steyer, Beraterin, Trainerin und Supervisorin inspiriert ihre Klienten und Kunden, innere Leichtigkeit wiederzuentdecken und kraftvolle Lösungen in schwierigen Situationen zu finden