Loslassen lernen? Eine überraschende Alternative
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Loslassen lernen? Eine überraschende Alternative

Oftmals werde ich von Klienten gefragt: „Wie kann ich loslassen lernen?“ In diesem Beitrag widme ich mich einem Aspekt, der bei den vielen nützlichen Tipps, die es dazu gibt, dennoch meist übersehen wird. Vielleicht gelingt Ihnen das Loslassen dann besser.

Etwas Belastendes nicht loslassen können

Manchmal hängt einem eine schlechte Erfahrung noch lange nach. Man lässt sie immer wieder im Kopf kreisen und kann sie nicht loslassen. Es gibt auch schlechte Angewohnheiten, von denen man nicht lassen kann, obwohl sie einem nicht guttun.

Einigen fällt es schwer, sich von Dingen zu trennen, die sie nicht mehr nutzen. Andere verharren in einer kaputten Beziehung oder lösen sich nicht von einem Arbeitsplatz, der sie schon lange auslaugt.

Wenn einem das Loslassen schwerfällt, erlebt man oftmals die sprichwörtlichen zwei Seelen in der Brust, beziehungsweise einen Streit zwischen Verstand und Gefühl. Man weiß, dass es einem guttun würde, loszulassen. Man schafft es aber nicht, weil ein vertrautes Gefühl im Weg steht.

In früheren Beiträgen habe ich beschrieben warum das Festhalten an etwas Gewohntem unsere Natur ist, wie wir uns aus dem Sog einer Gewohnheit lösen und wie belastende Gedanken leichter werden können.

Hier möchte ich einen Aspekt hervorheben, der einem beim Thema Loslassen wahrscheinlich nicht sofort in den Sinn kommt.

Loslassen, aber was kommt dann?

Im Beitragsbild ist ein Seil zu sehen, mit dem ein Boot festgebunden ist. Der Knoten verhindert, dass sich das Seil von selbst löst. Man würde das Seil natürlich nur dann lösen, wenn man die Absicht hätte, mit dem Boot irgendwohin zu fahren.

Genau das ist der entscheidende Punkt beim Loslassen lernen: Man braucht ein Ziel vor Augen! Man muss wissen, wohin man möchte, wenn man losgelassen hat.

Loslassen an sich ist ja noch kein Ziel. So beschäftigen sich viele, die nicht loslassen können – bildlich gesprochen – meist nur mit dem Knoten. Dadurch verknoten sie sich immer mehr und verlieren ihre wahren Bedürfnisse aus dem Blick.

Wichtig ist also, zunächst herauszufinden, wohin man will und wofür man etwas loslassen will.

Was will ich? Was sind meine Ziele?

Ein Klient von mir konnte sich viele Jahre nicht von einem für ihn schlecht bezahlten und sehr belastenden Arbeitsplatz lösen. Bis zu seinem Burnout hatte er sich einfach nie gefragt, welche Art von Arbeit er am liebsten tun würde und was er wirklich gut kann.

Als er während der Beratung Klarheit gewann, wie er leben und arbeiten möchte, war zu kündigen und eine neue Stelle zu suchen nicht nur kein Problem mehr für ihn. Er hat diesen Schritt als lange überfällige Befreiung erlebt.

Das heißt, man kommt nicht um die Frage herum, was man eigentlich will und wonach man sich sehnt. Das gilt für große Themen im Leben genauso wie für die vielen alltäglichen.

Man könnte das Prinzip bildhaft so zusammenfassen: Weg vom Knoten hin zum Ziel.

Eine praktische Übung

Schritt 1: Mein Ziel

Statt sich in gewohnter Weise mit dem zu beschäftigen, wovon Sie sich lösen wollen, nehmen Sie sich ein wenig Zeit und fragen Sie sich: Was will ich stattdessen? Was genau brauche ich, um mich gut zu fühlen? Wonach sehne ich mich eigentlich?

Es hat sich übrigens als hilfreich erwiesen, die Antworten aufzuschreiben. Dadurch zwingen wir uns, klarer zu denken und zu formulieren.

Schritt 2: Den Zielzustand jetzt erleben

Fragen Sie sich anschließend: Wie werde ich mich dann fühlen, wenn ich das, was ich mir wünsche, erreicht habe? Vielleicht fröhlich, entspannt, motiviert, glücklich, stolz, erleichtert? Schreiben Sie auch das auf und nehmen Sie sich Zeit für die Antworten.

Schließen Sie dann für eine Weile die Augen und versetzen sie sich voll und ganz in diesen Ihren Zielzustand hinein. Lassen Sie dabei all die Gefühle entstehen, die Sie aufgeschrieben haben. Lassen Sie zu, dass Sie sich so fühlen, als hätten Sie Ihr Ziel bereits erreicht.

Diese Gefühle sind es, die Sie zu Ihrem Ziel hinziehen werden! Vielleicht wird es Ihnen dann so gehen wie meinem Klienten und das, was Sie loslassen wollen, wird kein Thema mehr für Sie sein.

 

Dipl.-Psych. Anna-Maria Steyer, Beraterin, Trainerin und Supervisorin inspiriert ihre Klienten und Kunden, innere Leichtigkeit wiederzuentdecken und kraftvolle Lösungen in schwierigen Situationen zu finden