Gelegentlich bleibt am Ende eines Arbeitstages mehr an uns hängen, als uns bewusst ist: Gedanken, Gespräche, Spannungen. Wir tragen sie nach Hause und finden schwer zur Ruhe. Ein einfaches Ritual kann helfen, all das abzustreifen, Abstand zu gewinnen und abzuschalten.
Wenn es nach der Arbeit noch im Kopf kreist
Abends oder schon beim Nachhausekommen spürt man oft, dass die Arbeit noch nicht ganz vorbei ist, obwohl sie es längst sein sollte. Da ist vielleicht ein Gespräch, das nachklingt, eine Bemerkung, die einen noch beschäftigt, eine nicht erledigte Aufgabe oder einfach das Gefühl, noch „voll“ zu sein von allem, was geschehen ist.
Der Körper ist zwar schon zu Hause, aber im Kopf kreist es, als stünde man noch mitten im Geschehen. Vor allem wenn man im Beruf viel mit Menschen, komplexen Themen oder Entscheidungen zu tun hat, trägt man das Erlebte oft unbewusst weiter. Auch nach Feierabend macht man sich dazu noch Gedanken.
Bei handwerklichen Tätigkeiten ist das anders: Man sieht das Ergebnis, legt das Werkzeug beiseite und spürt, dass der Tag beendet ist. Bei geistiger oder emotionaler Arbeit fehlt dieser sichtbare Abschluss. So bleibt der Übergang oft unvollständig.
Ruhe zu finden, bedeutet dann nicht nur, sich hinzusetzen oder sich anderen Aufgaben zuzuwenden. Es braucht ein klares Signal, dass der Arbeitstag nun wirklich zu Ende ist.
Abstand gewinnen und Ruhe finden mit kleinen Ritualen
Viele haben für sich daher kleine Rituale zum Abschalten geschaffen. Es sind wohltuende Gewohnheiten, die helfen, den Tag abzurunden und Abstand zu gewinnen (siehe dazu auch Selbstfürsorge und die Kraft von Rhythmus und Routine). Sie gehen zum Beispiel nach der Arbeit mit dem Hund spazieren oder fahren auf dem Nachhauseweg mit dem Rad bewusst einen kleinen Umweg durch einen Park.
Sehr wirkungsvoll ist auch ein Wechsel der Kleidung. Man schlüpft dabei buchstäblich aus der Arbeitsrolle heraus. Gerade im Homeoffice kann das hilfreich sein, weil der Arbeitsplatz in Sichtweite bleibt und der innere Abstand schwerer fällt.
Auch eine kurze Dusche kann helfen, abzuschalten. Wenn auch Gedanken an die Arbeit mit dem Wasser abfließen dürfen, fühlt man sich freier und der Körper entspannt
Abstreifen, was vom Tag noch belastet
Der Körper versteht Handlungen besser als Gedanken allein. So schaffen solche Übergangsrituale eine spürbare Abgrenzung zu dem, was hinter einem liegt und machen den Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit fühlbar.
Auch die folgende einfache Übung kann helfen, loszulassen, sich zu sammeln und zur Ruhe zu finden.
- Einen ruhigen Platz einnehmen, ein paar bewusste Atemzüge machen und spüren, wie man gerade steht oder sitzt.
- Die Aufmerksamkeit zum Körper lenken: Wahrnehmen, wo im Körper man angespannt ist: vielleicht in den Schultern, im Nacken, im Bauch oder auch im Gesicht?
- Abstreifen: Nun mit den Händen sanft über diese Bereiche streichen und alles nach unten abstreifen. Mit jedem Ausatmen fließen Anspannung und gedankliche Überbleibsel des Tages ab – wie Tautropfen, die am Morgen von einem Halm gleiten.
- Hände ausschütteln und nachspüren: Ähnlich wie bei der Dusche, stellt sich auch hier meist schon bald ein gutes Gefühl von Erleichterung und Klarheit ein.
Dieses Abstreifen des Körpers ist aber nicht nur entspannend und erfrischend. Es ist zugleich auch ein Ausdruck von Selbstfürsorge: sich berühren, sich spüren, zu sich kommen.
Bei sich ankommen, zur Ruhe kommen
Wer möchte, kann diese kleine Übung später vor dem Zubettgehen noch durch die Technik des abendlichen Notizbuchs ergänzen. So bekommt auch das Unerledigte einen Platz und kann bis morgen warten.
Auf diese Weise entsteht ein einfaches Ritual, das hilft, Abstand vom Geschehen des Tages zu bekommen, abzuschalten, Ruhe zu finden und schließlich den nächsten Tag mit frischer Kraft zu beginnen.
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Als Diplom-Psychologin, Beraterin, Coach und Supervisorin inspiriert Anna-Maria Steyer Menschen, innere Klarheit, Leichtigkeit und stimmige Lösungen auch in schwierigen Situationen zu finden.
